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Projekt EVA 2018–2020
Eine Geschichte zu den Geschichten der Geschichte

Der Reihe meiner lebensgroßen Frauengestalten – der »Vom Winde Verwehten«, der »Schamanin« und der »Isis« – will ich eine weitere weibliche Sandsteinskulptur hinzufügen. Schon lange lässt mich der Gedanke nicht mehr los, dass die »Vertreibung aus dem Paradies« ein Element enthält, das mir zutiefst widerstrebt. Ertappt bei verbotenem Tun stellt Adam sich nicht schützend vor Eva, sondern wälzt die Verantwortung auf sie ab.

Sie ist schuld! Hätte Adam nicht zu seiner Eva stehen müssen?

Die Würde des Menschen ist ein hohes Gut.
Die Würde der Frau in ihrer Besonderheit ist unumstritten.
Wir Menschen sollten solidarisch und respektvoll miteinander umgehen.
Meine Eva strahlt ruhige Souveränität und Stärke aus.
Der Apfel ist gegessen, jetzt steht Veränderung an.
So lege ich ihr eine abgestreifte Schlangenhaut zu Füssen als Zeichen für Erneuerung und Wandel.

Ein Mann ist noch lange kein Wort ...  Salve Eva!

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                                         Was Mann verursacht hat,
                                         sollte Mann ändern.

                                         Wer fängt an?

Ein kreativer, fröhlicher Querdenker, der Steine klopft. Und Sprüche



Mitten im schmucken Stadtzentrum von Schwäbisch Gmünd liegt in einer gepflegten Häuserzeile das Werkstatt-Atelier von Franz Huber.


Jeder kann hier seine Nase hineinstecken, auch erst einmal im wörtlichen Sinn: Dazu lädt eine in die Hauswand eingelassene bronzene Negativform eines großen Riechers samt schriftlicher Aufforderung ein. Also einfach klingeln. Denn wenn der Bildhauermeister da ist, macht er allen, die beim Vorbeigehen naseweis und neugierig sind auf seine Arbeit und sein kreatives Ambiente, jederzeit gerne die Tür auf zu seiner Werkstatt. 

So stellt man sich den Arbeitsplatz eines Bildhauers vor: Überall Formen und Studien, Skulpturen, Skizzen, Bücher und auch Sandstaub. 


Hubers organische Formsprache ist leicht verdaulich, die Themen dagegen, die ihn zu seinen Skulpturen anregen, sind mitunter harte Kost. 


Einer seiner harten Brocken steht wieder mitten in seinem Arbeitsraum: Es ist die Figur »Lilith«, die Franz Huber seinem Gmünder Publikum gerade vorgesetzt hat bei einer Matinée im Prediger (11. Oktober 2020) anlässlich der Übergabe seiner Skulptur Eva an das Stadtmuseum. 

Nun, nach der Ausstellung, ist »Lilith« wieder in Hubers Reich heimgekehrt. »Lilith« ist schwere Kost für alle, die die Schöpfungsgeschichte bisher nur mit Adam und Eva verbunden haben. Lilith soll Adams erste Frau gewesen sein? Wer ist diese Lilith? Was hat sie mit uns heute zu tun? 


In der jüdischen Überlieferung entwickelte sich der Name »Lilith« als Symbolfigur des Feminismus und der Emanzipation. Sie ist die starke, gelehrte Frau, die sich Adams Herrschaft entzieht. Sie soll Gott dazu gebracht haben, ihr seinen heiligen Namen zu verraten. Dieser Name hat ihr der Legende nach unbegrenzte Macht verliehen, worauf sie von Gott Flügel verlangte. Nach einer Auseinandersetzung mit Adam, dem sie sich ebenbürtig fühlte und den sie nicht als ihren Herrn ansah – flog sie einfach davon und kehrte nicht wieder. 

Lilith, also eine starke, gelehrte und autonome Frau. Sie gilt auch als Gegenfigur zur biblischen »Eva«. »Lilith« wird im psychologischen Kontext mit Sinnlichkeit und Sexualität verbunden, während »Eva« vor allem für Mütterlichkeit und auch Folgsamkeit gegenüber ihrem Mann steht. 


Wissen, Sinnlichkeit und Sexualität sind jedoch Themen, die auch Angst machen können. 

Lilith ist eine Frauenfigur, die durchaus Angst machen kann und die offensichtlich Angst gemacht hat, eine Frau, die einfach nicht ins Konzept gepasst hat. 

Sie war von Anfang an gleichberechtigt: Während Eva aus einer Rippe Adams entstanden war, wurde Lilith von Gott aus Lehm geformt, wie auch Adam. Und weil sie sich nicht unterordnen wollte und sich von Adam trennte, verschwand sie erst aus Adams Leben und später aus der Genesis. 


Starke Frauenpersönlichkeiten interessieren den Bildhauer Franz Huber seit Jahrzehnten. Er hat eine Isis geschaffen, eine Schamanin und die erst kürzlich vorgestellte »Neue Eva«. 


Irgendwann stieß er auf den weithin unbekannten Teil der Schöpfungsgeschichte. Jahrelang beschäftigte er sich daraufhin mit dem Thema »Lilith«. Im Gegensatz zur Schöpfungsgeschichte entstand seine »Lilith« jedoch erst nach seiner »Neuen Eva«. 


Der Bildhauer pflegt große Sandsteinblöcke zu kaufen, zerteilt diese in figurengroße Segmente und lässt sich dann von jedem einzelnen Sandstein zu einer neuen Figur inspirieren. In einem Stein sah er eines Tages »Die Neue Eva«. Dieses Thema war bereits in ihm gereift, angeregt sicher auch von einer aktuellen Frauenbewegung, die vor einigen Jahren auch in Schwäbisch Gmünd startete und mittlerweile unter dem Namen »Maria 2.0« auf nationaler Ebene bekannt geworden ist. Maria 2.0 ist eine Initiative von engagierten Frauen, die ihre Sehnsucht nach einer erneuerten und geschwisterlichen Kirche zum Ausdruck bringen. 


Als Franz Huber an seiner »Neuen Eva« am Sandsteinblock zu arbeiten begann, zeigten sich jedoch alsbald Risse im Sandstein. Der gelernte Steinmetz war sich bald im Klaren darüber, dass dieser Stein aufgrund seiner natürlichen Beschaffenheit eine spezielle Eigendynamik entwickeln würde, die es ihm nicht mehr erlauben würde, seine Eva so zu gestalten, wie er es im Sinn hatte. Vielleicht würden sich Teile des Sandsteins abspalten? Sicher war der Stein zu porös für eine Ausarbeitung bis ins kleinste Detail. Auch wenn es ihm schwerfiel, er entschied damals, den Sandsteinblock erst einmal auf die Seite zu legen. 


In einem anderen Stein sah er später die »Neue Eva«. Selbstbewusst steht diese heute im Stadtmuseum im Prediger, sie fasst sich in die Haare und scheint sich zu fragen: Und jetzt? Wie geht es weiter? 


Der Apfel ist gegessen, er liegt als Apfelbutz zu ihren Füssen, die Schlange hat sich längst aus dem Staub gemacht, zu sehen ist nur mehr ihre übrig gebliebene abgelegte Schlangenhaut. In Hubers »Neuer Eva« stehen alle Zeichen auf Aufbruch und Neuanfang, ihr selbstbewusstes Auftreten scheint auch einige Seiten Liliths zu spiegeln. 


Irgendwann fiel Hubers Blick wieder auf den Stein, in dem er ursprünglich seine Eva gesehen hatte. Aus einer anderen Perspektive gesehen, reizte ihn dieser Sandstein plötzlich zu einer neuen Figur, und die Porosität bereicherte nun seine Arbeit. Das Ungewisse, das Unvorhersehbare, hatte das nicht auch mit Lilith zu tun? 

Wenn Franz Huber heute vor seiner Lilith steht und mit der Hand über die Skulptur streicht, leuchten seine Augen beim Gedanken daran, dass sich in seinem Werk die faszinierende naturhistorische Geschichte der Gegend zeigt: Während seiner Arbeit brach plötzlich der linke Teil des Sandsteinblocks ab und gab den Blick frei auf einen perfekt konservierten glatten Meeresboden, den es so wohl vor 185 Millionen Jahren im Ostalbkreis gegeben hat. Ein kleines Wunder der Natur, wie hervorragend sich dieser aus Süßwasser entstandene Meeresboden im Stein erhalten hat. 


Bekannt ist Franz Huber im Gmünder Raum vor allem als Bildhauer, seit Jahrzehnten schafft er Kunst in Form von Skulpturen aus Sandstein. Immer öfter greift er neuerdings auch zum Pinsel, auch in der Malerei bringt er auf den Punkt, was er zu sagen hat. 


Auch hier geht es ihm um die Stellung der Frau. 


Ausgangspunkt für seine Themen ist oft die süddeutsche Alltagssprache. Aufgeregt hat er sich lange Zeit darüber, wenn jemand auch beim Anblick von Skulpturen von »herrlichen Frauenkörpern« sprach. Absurd fand er immer die Tatsache, dass ein Adjektiv, welches man zwar nicht etymologisch, aber doch lautmalerisch von »Herr« ableiten kann, einen Frauenkörper in seiner Schönheit beschreiben kann. 

Für alle, die Franz Huber persönlich kennen, ist die humorvolle Auflösung dieser Geschichte typisch: In einem Dokumentarfilm sah er später zufällig eine Zeremonie des japanischen Hofes: Der Kaiser und die Kaiserin sitzen dabei jeweils auf einem gleichen Thron, der sich auch auf derselben Ebene befindet. Daraufhin änderte Franz Huber seine Meinung, heute sagt er: Wenn Frau »Herrin« sein darf, darf eine Frau auch einen herrlichen Körper haben. 
Entstanden ist in diesem Zusammenhang das Bild »Gleiche Stühle für Frau und Mann«. 


Franz Huber ist auch ein Sprücheklopfer, er hat eine ganz besondere Art von Humor. Ein Beispiel seiner Gedankenspiele: 


Mit Kunst Leben ist schön – 

Von Kunst leben schön schwer. 


oder 


Ich bin immer wieder mal froh, 

wenn ich so alt werde 

wie ich manchmal aussehe 


oder 


Träne, wenn ich dich lasse, kitzelst du 


Im hinteren Teil seines Werkstattateliers hat sich Franz Huber eine behagliche Stube eingerichtet: Die tiefhängende mittelalterliche Decke, ein Oma-Küchenbüffet, Tisch und Bank, Bücher, Bilder und Skizzen schaffen eine besondere, heimelige Gemütlichkeit. Hier entstehen Ideen, hier lässt sich der Meister in seinem Sessel sitzend inspirieren, beim Lesen, bei einer Tasse Kaffee, im Gespräch mit Freunden seiner Kunst. 


Franz Huber stellt als Künstler Fragen und sucht nach Antworten. Als Künstler ist er in Schwäbisch Gmünd ein Querdenker und ein Vordenker, als Mann sicher auch ein Beispiel für andere Männer, ein Mann, der Mut hat, seine Sensibilität zu zeigen und ein Mann, der sich für die Gleichberechtigung der Frau offen einsetzt mit seinen Werken und mit seinen Worten. 

Seine Skulpturen, seine Bilder und seine Sprüche regen an, innezuhalten und nachzudenken. Die Gespräche mit ihm in seinem Werkstattatelier sind nie banal, oft inspirierend und immer unterhaltsam. Wer den Mut hat, seine Nase ins Freudental 22 zu stecken, kann einen ganz besonderen Moment in Schwäbisch Gmünd erleben. 


Dr. Stefanie Sonnentag, Autorin, Neapel 


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